Delphi-Befragung

AAL-Projektphase
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Erarbeitung des Ertragsmodells (WERT)

Bei der Delphi-Methode handelt es sich um ein Entscheidungsverfahren, bei der Experten in mehreren Befragungswellen um ihre Einschätzung gebeten werden und letztendlich versuchen zukünftige Ereignisse, Trends, Lösungen für komplexe Probleme zu erarbeiten, neue Ideen zu generieren, weitreichende Entscheidungen zu treffen oder einfach Meinungen über einen unklaren Sachverhalt zu ermitteln.

Einsatz und Nutzen

Die Verwendung dieses Befragungsansatzes der Delphi-Methode soll bereits auf eine antike Orakelstätte in Delphi (Griechenland) im 8. Jahrhundert vor Christus zurückzuführen sein und war damals eine Entscheidungshilfe für Ratsuchende.

Tempelruine von Delphi
Tempelruine von Delphi

Erste Hinweise der Nutzung des Ansatzes in der neueren Zeit stammen aus dem Jahr 1948. Damals wurde die Methode eingesetzt, um die Ergebnisse eines Hunde- oder Pferderennens vorauszusagen. In den 70er Jahren fand die Delphi-Methode dann auch eine Ausbreitung in der breiteren Öffentlichkeit.

Bei der Delphi-Befragung (auch Delphi-Studie oder Delphi-Verfahren) handelt es sich um ein systematisches und mehrstufiges Entscheidungsverfahren, bei der Experten in mehreren Befragungswellen um ihre Einschätzung gebeten werden und letztendlich versuchen zukünftige Ereignisse, Trends, Lösungen für komplexe Probleme zu erarbeiten, neue Ideen zu generieren, weitreichende Entscheidungen zu treffen oder einfach Meinungen über einen unklaren Sachverhalt zu ermitteln. Die Delphi-Methode ist zu den strategischen Analyse-Tools zu zählen.

Es gibt eine Vielfalt an Definitionsvorschlägen, Varianten und Beschreibungen des Wesens von Delphi-Befragungen. Laut Häder (2014, S. 19 ff) lassen sich im Wesentlichen zwei Richtungen erkennen:

  • Delphi-Befragungen werden als eine spezifische Form der Gruppenkommunikation angesehen.
  • Delphi-Studien werden mit der Bearbeitung inhaltlicher Fragestellungen in Verbindung gebracht.

Letztendlich nennt Häder (2014, S. 37) insbesondere vier Typen von Delphi-Befragungen mit unterschiedlichen Zielen (Ideenaggregation, Bestimmung eines Sachverhaltes, Ermittlung von Expertenmeinungen, Konsensfindung), die hier von Bedeutung sind.

 

Vorgehensweise

Zu Beginn muss definiert werden, worin das Ziel der jeweiligen Befragung besteht, um mögliche Enttäuschungen, falschen Einschätzungen und Irrtümern entgegenwirken zu können. Zu den ersten Aufgaben gehört die Operationalisierung der Fragestellung, um den passenden Typ der Delphi-Befragung auswählen zu können. Je nach ausgewähltem Typ der Delphi-Befragung kann diese qualitativ, quantitativ oder eine Mischung aus beide Vorgehen sein.

Die vier Delphi-Typen nach Häder Quelle: Häder 2014, S. 37
Die vier Delphi-Typen nach Häder
Quelle: Häder 2014, S. 37

Ein weiteres Kriterium ist die Auswahl der geeigneten Experten eines bestimmten Fachgebietes, die nicht zufällig erfolgt. Es muss vorab versucht werden, die Expertise der potentiell wichtigen Experten zu ermitteln. Denn ein Mindestmaß an Fachwissen zum untersuchenden Gegenstand ist für das Gelingen einer Delphi-Befragung unabdingbar. Hierbei unterscheidet sich die Delphi-Befragung von herkömmlichen repräsentativen Befragungen. Auch die Anonymität der Experten untereinander ist besonders wichtig, um Meinungsführerschaften zu vermeiden und das Revidieren sowie verbessern von getroffenen Urteilen zu ermöglichen.

Je nachdem ob die Delphi-Befragung qualitative und/oder quantitativ angelegt ist, variiert in der Literatur der empfohlene Umfang der Expertengruppe. Eine empfohlene Obergrenze für die Zahl der teilnehmenden Experten gibt es jedoch nicht, denn diese ist immer auch abhängig von dem zu bearbeitenden Thema und Vorgehen. Verständlicherweise empfiehlt es sich bei qualitativ ausgerichteten Befragungen auf eine zu große Anzahl an Teilnehmenden zu verzichten. In der Literatur findet man Hinweise, dass Delphi-Befragungen mit mindestens 10 Experten durchgeführt werden sollten.

In einem nächsten Schritt wird ein Fragebogen entwickelt. Das Design des Fragebogens ist wesentlich für den Erfolg der Delphi-Befragung. Bei Fertigstellung sollte daher unbedingt ein Pretest durchgeführt werden, um den Fragebogen zu überprüfen und die Funktionsfähigkeit des gesamten Studiendesigns zu testen. Hinweise zur Gestaltung und zu inzwischen typischen Indikatoren für Delphi-Befragungen gibt Häder (2014, S. 130 ff) und auch weitere umfangreiche Literatur zu diesem Thema ist vorhanden.

Der Fragebogen wird den teilnehmenden Experten postalisch oder elektronisch zugeschickt. Delphi-Befragungen werden mindestens in einer- oder in mehreren Wellen wiederholt. Die anonymisierten Fragebögen sollten idealerweise mit einer ID-Nummer identifizierbar sein, um bei der Auswertung mehrere Wellen, den Verlauf der Meinungsbildung nachvollziehen zu können. Die Anzahl der Befragungswellen ist vom jeweiligen Ziel der Studie abhängig. Eine minimale Anzahl von Runden bei einem akzeptablen Maß an erzielter Genauigkeit, wird als Optimum angesehen.

Ein wichtiger Grundbestandteil von Delphi-Befragungen ist auch, dass Experten Feedback bzw. Informationen über die ausgewerteten Ergebnisse der vorangegangenen Befragungswelle(n) wie beispielsweise Durchschnittswerte, Extremwerte, verbale Äußerungen und Varianzen erhalten. Durch den Informationsaustausch nach jeder Befragungswelle, soll letztendlich eine möglichst hohe Übereinstimmung zwischen den Experten entstehen und damit eine höhere Sicherheit bzw. mehr Präzision bei der Prognose erreicht werden.

Die Dauer der Durchführung von Delphi-Befragungen ist beliebig, beträgt jedoch meist mehrere Monate und ist mit einem relativ hohen Aufwand, meist auch Kostenaufwand, verbunden. Experten müssen daher über einen längeren Zeitraum zur Mitarbeit motiviert werden, um einem Teilnahmeabbruch entgegenwirken zu können. Dies kann durch Nachfassaktionen aber auch durch finanzielle Anreize oder ideelle Stimuli erfolgen.

Eine Delphi-Befragung endet mit einem Abschlussbericht, in dem die Ergebnisse dokumentiert werden und weitere Empfehlungen für die Praxis abgeleitet werden können.

 

Materialien

Benötigt wird in erster Linie viel Zeit für die Fragebogengestaltung. Je nachdem ob die Befragung postalisch oder elektronische durchgeführt wird unterscheiden sich hier selbstverständlich die benötigten Materialien (z. B. Papier, Drucker, Briefmarken, Softwaretool für die Erstellung von Fragebögen,…)

Praxisbeispiele

Fallbeispiel
Rapid Prototyping als Methode zur Entwicklung eines neuartigen Rollators im EU Projekt „iWalkActive- iWalkActive – the active walker for active people“.
AAL-CaseStudy_iWalkActive (pdf; 180 KB)

Ergebnis der Delphi-Befragung
Die Zukunft von AAL

Ergebnis der Delphi Studie zu Pflege- und Behandlungsprozessen vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung e.V. mit dem Ziel der Entwicklung und Erprobung von Steuerungselementen und Beratungsangeboten institutionsübergreifender Pflege- und Behandlungsprozesse.

Ergebnis der Delphi-Befragung: Was erwarten sich pflegende Angehörige von Kurzzeitpflege als entlastende Maßnahme?

Quellen

  • Häder, Michael (2014). Delphi-Befragungen. Ein Arbeitsbuch. 3. Auflage. Springer Fachmedien Wiesbaden

Methodenprofil

Fazit zur Nutzung in AAL-Projekt-Kontexten

Die Durchführung einer Delphi-Befragung ist relativ komplex und erfordert daher erhebliches Methodenwissen, um aus der Befragung auch Nutzen ziehen zu können. Eine echte Delphi-Befragung wird somit eher selten im Kontext eines Einzelprojekts durchgeführt werden (bzw. nur im Rahmen sehr großer Projekte), sondern eher z.B. als projektübergreifende Initiative. Die Bezüge zur GM-Entwicklung sind eher indirekt. Delphi hilft dabei, ein gutes Bild über die Einschätzungen der Experten (die evt. nach verschiedenen Stakeholdern gegliedert werden können) zu erhalten. Daraus können Rückschlüsse sowohl für die Entwicklung der AAL-Lösung als auch die des GM für ihre Einführung im Markt gewonnen werden.


Allgemeine Bewertung

Eignung zur Entwicklung eines Geschäftsmodells
Benötigtes Erfahrungswissen
Zeitlicher Aufwand für die Vorbereitung
Zeitlicher Aufwand für die Durchführung

Spezielle Bewertung

Erarbeitung des Kundennutzens (WAS)
Erarbeitung der Zielgruppe(n) (WER)
Erarbeitung der Prozesse (WIE)
Erarbeitung des Ertragsmodells (WERT)