AAL-Projektphase | Projektumsetzung: Umsetzung |
Stakeholder | Interne Stakeholder |
Erarbeitung des Kundennutzens (WAS) | |
Erarbeitung der Zielgruppe(n) (WER) | |
Erarbeitung der Prozesse (WIE) | |
Erarbeitung des Ertragsmodells (WERT) |
Die Analyse von Online-Communities ist eine Methode zur Beobachtung und Analyse sozialer Interaktion und Kommunikation in webbasierten Gemeinschaften. Mittels qualitativer Inhalts- bzw. Textanalyse werden Interessen, Bedürfnissen und Präferenzen zu einem bestimmten Thema von Personen (z. B. Lead-User) erhoben, die sich im Internet über Probleme und Bedürfnisse bei der Anwendung von Produkten und Dienstleistungen austauschen. Diese authentischen Informationen bieten Hinweise und Anregungen für die Findung von AAL-Projektideen und/oder Geschäftsmodell-Ideen (Komponenten WAS/WER).
Einsatz und Nutzen
„Eine virtuelle Gemeinschaft besteht aus einer Gruppe von Personen, die über elektronische Medien kommuniziert und/oder interagiert. Auf diese Weise entsteht ein nicht radikal strukturiertes, ego-zentriertes Netzwerk im virtuellen Raum, in dem die Nutzer multidirektional und themenspezifisch interagieren und so die Basis einer glaubwürdigen Kommunikation schaffen” (Weiber & Meyer 2002 zit. In: Reichwald & Piller 2006, S. 178). Die Kommunikation in solcher Weise beschriebenen Interessensgemeinschaften (auch oft bezeichnet als: Online-Community, virtual community oder virtuelle Gemeinschaft) liefern sehr gezielte Hinweise auf Bedürfnisse und Wünsche potentieller Zielgruppen. Mit der sogenannten Netnography-Methode
(= Kunstwort aus „Internet“ und „Ethnography“; vgl. Kozinets 2002, S. 2) und qualitativer Inhaltsanalyse werden Interessen, Bedürfnisse und Präferenzen von AAL-Endanwendern erhoben und interpretiert (vgl. Mayring 2003). Einsatzmöglichkeiten für die Online-Community-Analyse sind beispielsweise
- die Identifikation von Themen, die bestehende Produkte und Dienste betreffen und für zukünftige Entwicklung relevant sein können,
- unvoreingenommene, authentische, textuell analysierbare Kommunikation,
- Ideenvorschläge, Anregungen, Wünsche für neue Lösungen von Kunden und Interessenten,
- Identifikation von Meinungsführern, „Early Adopter“ und „Lead User“ und
- kostengünstige, zeitnahe Möglichkeit einer qualitativen Analyse, ähnlich einer Marktforschung.
Die Online-Community-Analyse kann händisch oder unterstützt von Software-Tools (Data Mining) erfolgen. Für beides ist eine gute sozialwissenschaftliche und technische Methodenkompetenz vonnöten, damit es zu keiner Fehlinterpretation der gewonnen Daten kommt.
Vorgehensweise
Nachdem das Ziel und der Zweck der Online-Community-Analyse (wie Untersuchungsfrage und zu analysierende Themen) festgelegt wurde, kann die Methode in mehreren Schritten angewandt werden.
Schritt 1: Bestimmung des idealen Teilnehmerprofils einer Community in Bezug zur Untersuchungsfrage
Welche Eigenschaften sollen Community und ihre Community-Mitglieder haben, damit sie geeignete Information zum Thema liefern? Als Hilfestellung für die Charakterisierung einer geeignete Community stehen folgende Merkmale zur Verfügung (vgl. Reichwald & Piller 2006):
- Mitgliederverhalten: Soll eine Online-Community untersucht werden, die es nur virtuell gibt? Soll eine Online-Community untersucht werden, die sowohl virtuell als auch vor Ort präsent ist und daher möglicherweise andere Hinweise liefert (z. B. Sport-Communitys im Vergleich zu Online-Spiele-Communitys)?
- Thematische Fokussierung: Sind Teilnehmer aus einer generellen oder speziellen Fach-Community interessant?
- Kohäsion der Mitglieder: Sind Mitglieder einer Community lose oder stark verbunden und welche eignen sich besser für die Fragestellung (z. B. geschlossenes Mitgliederforum oder frei zugängliches Forum)?
- Mitgliederzusammensetzung: Sind die Mitglieder der Community eher funktional (= Erwerb und Austausch von Informationen und Wissen) oder hedonistisch (Freundschaftspflege) geprägt?
Schritt 2: Identifikation und Auswahl geeigneter Online-Communities
Nachdem das Community-Profil festgelegt wurde, müssen geeignete Communities oder auch andere Webquellen, wie z. B. Fach-Blogs oder Mitgliederforen recherchiert werden. Die Anzahl der ausgewählten Online-Communitys die beobachtet werden soll, hängt davon ab, welche Ressourcen zur Verfügung stehen (elektronische oder manuelle Datenanalyse). Für die endgültige Auswahl welche Community inhaltlich analysiert werden soll, steht der folgende Raster zur Verfügung.
Schritt 3: Beobachtung der Online-Community und Speicherung von Beiträgen sowie dem dazugehörigen Content.
Wenn Software eingesetzt wird, kann software-gestützte Kodierung der Daten für weiterführende Analysen hilfreich sein.
Schritt 4: Analyse und Interpretation der Beiträge/Themen sowie Ableitung von Chancen und Risiken bei neuen Produkt- und Servicelösungen
Praxisbeispiele
Fallbeispiel
- Einbeziehung externer Stakeholder durch einen Online-Ideenwettbewerb im EU Projekt „2PCS – Personal Protection and Caring System“. AAL-CaseStudy_2PCS (pdf; 564 KB)
- WiPro – http://www.innovationsmethoden.info/methoden/netnography
Quellen
Kozinets, R.V. (2002). The field behind the screen: Using Netnography for Marketing Research in Online Communities. In: ’Journal of Marketing Research, Vol. XXXIX, S. 61-72.
Mayring, P. (2003). Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken. Beltz, UTB.
Methodenhandbuch von Salzburg Research (o.A.). Netnography. Salzburg Research, S. 147 ff.
RTH Aachen, Lehrstuhl TIM (o.A.) WiPRO-Innovativ mit Methode.
Reichwald, R. & Piller, F. (2006). Communities for Open Innovation. In: Interaktive Wertschöpfung. Open Innovation, Individualisierung und neue Formen der Arbeitsteilung. Gabler. Lehrbuch. S. 176-190
Methodenprofil
Fazit zur Nutzung in AAL-Projekt-Kontexten
Die systematische Auswertung von Diskussionen in Online-Foren hat ein großes Potenzial zur Ermittlung von Kundenanforderungen und zur Ideensammlung für neue Produkte/Lösungen. Diese Methodik erfreut sich zunehmender Beliebtheit in der Marktforschung, wird unserer Einschätzung nach aber bislang kaum im AAL-Bereich genutzt. Inwieweit die AAL-Community davon profitieren kann, hängt weitgehend davon ab, ob es einschlägige relevante Foren gibt, in denen EndanwenderInnen über die betreffenden Lösungen bzw. Probleme diskutieren. Falls es solche Foren gibt, lohnt eine genauere Auswertung der Diskussionen. Allerdings erfordert die Methodik, auch wenn sie stark skalierbar ist, einigen Aufwand an Vorbereitung und vor allem auch für die Durchführung.
Allgemeine Bewertung
Eignung zur Entwicklung eines Geschäftsmodells | |
Benötigtes Erfahrungswissen | |
Zeitlicher Aufwand für die Vorbereitung | |
Zeitlicher Aufwand für die Durchführung |
Spezielle Bewertung
Erarbeitung des Kundennutzens (WAS) | |
Erarbeitung der Zielgruppe(n) (WER) | |
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Erarbeitung des Ertragsmodells (WERT) |