Business Model Navigator

AAL-Projektphase
Stakeholder | |
Erarbeitung des Kundennutzens (WAS)
Erarbeitung der Zielgruppe(n) (WER)
Erarbeitung der Prozesse (WIE)
Erarbeitung des Ertragsmodells (WERT)

Der Business Model NavigatorTM ist eine prozessorientierte Methodik zur Entwicklung von Geschäftsmodellen. Diese erfolgt in vier Phasen (Initiierung, Ideenfindung, Integration und Implementierung) und mit Hilfe spezieller Techniken. Kernstück dabei ist die von der Universität St. Gallen entwickelte Technik zur Ideenfindung stimmiger Geschäftsmodelle anhand 55 unterschiedlicher Muster für Geschäftsmodelle.

Die Methode kann vor, während oder nach einem AAL-Projekt mit Teilnehmern eines Projektkonsortiums und interessierten potentiellen Betreiber (z. B. Gesundheitsmarkt, IT-Unternehmen) eingesetzt werden.

Einsatz und Nutzen

Der Business Model Navigator ist eine umfassende, prozessorientierte Methodik zur Entwicklung von Geschäftsmodellen in vier Phasen (Initiierung, Ideenfindung, Integration und Implementierung) und mit Hilfe spezieller Techniken. Das Vorgehen basiert auf einer empirischen Untersuchung der Universität St. Gallen in der festgestellt wurde, dass 90 % aller neuen Geschäftsmodelle aus bereits existierenden Vorbildern bzw. aus Re-Kombination derselben bestehen. Dabei wurden 55 unterschiedliche Geschäftsmodell-Muster identifiziert, wie die vier wichtigsten Komponenten eines Geschäftsmodell gestaltet sein können, das sogenannte „Wer-Was-Wie-Wert-Konstrukt“ (Gassmann et al., 2013, S. 6):

  • WER sind unsere Kunden (Zielgruppen)?,
  • WAS versprechen wir Ihnen (Nutzenversprechen)?
  • WIE stellen wir die Leistung her (Wertschöpfungskette)?
  • Wie erzielen wir WERT für die Leistung (Ertragsmechanik)?

Kunden/Zielgruppen und Nutzenversprechen betreffen die externe Dimension des Geschäftsmodells, während Wertschöpfungskette und Ertragsmechanik die interne Dimension abzielen. Zu einer Geschäftsmodell-Innovation kommt es dann, wenn mindestens zwei dieser vier Dimensionen verändert werden (Gassmann et al., 2013, S. 6).

Weiters wurden drei Basisstrategien identifiziert, die in der Vergangenheit von Unternehmen angewandt wurden, wenn sie neue Geschäftsideen am Markt realisierten:

  • Strategie des Übertragens: es wird ein bestehendes Geschäftsmodell-Muster auf eine andere Branche übertragen. Dies wird begründet mit der höheren Sicherheit, aus bereits bekannten Fehlern, die andere bei der Einführung des Geschäftsmodells gemacht haben, lernen zu können (geringer Kosten wg. Scheiterns)
  • Strategie des Kombinierens: es werden zwei (oder mehr) Geschäftsmodell-Muster miteinander kombiniert, um die Vorteile beider Modelle zu nutzen. Das Verwenden mehrerer Geschäftsmodelle erhöht auf der einen Seite die Komplexität, vergrößert aber gleichzeitig auch die Imitationsbarrieren zu den Wettbewerbern (Gassmann et al., 2013, S.20).
  • Die Wiederholen-Strategie: ein bereits erfolgreiches Geschäftsmodell-Muster wird innerhalb des Unternehmens auf einen anderen Produktbereich übertragen. Das gibt ebenfalls Sicherheit und verringert eventuelle Lernkosten.

Vorgehensweise

Die Übertragung dieser Erkenntnisse zur Geschäftsmodellentwicklung werden in der Methode phasenweise erarbeitet. Wie in der folgenden Grafik abgebildet, durchläuft das Entwickeln eines neuen Geschäftsmodells dabei idealtypisch mehrere Phasen: Initiation, Ideation, Integration und Implementierung der Geschäftsmodell-Innovation.

St. Galler Business Model Navigator Quelle: Gassmann et al. 2013, S. 16

Ähnlich wie in anderen Vorgehensmodellen zur Strategieentwicklung soll im ersten Schritt mittels Umfeldanalyse und Trendanalyse die sich ändernde Umwelt des Unternehmens bzw. der Kunden grundlegend verstanden werden. Welche Faktoren und Akteure haben in Zukunft Einfluss? Dazu können auch andere Techniken aus der AAL-Methodensammlung herangezogen werden (z. B. PESTEL, Stakeholder-Analyse).

Aufbauend auf diesem Verständnis werden im zweiten Schritt für die neue Produktidee geeignete Geschäftsmodellideen unter Zuhilfenahme der 55 Geschäftsmodell-Musterkarten gesammelt. Dieser Ideationsprozess wird unterstützt durch eine spezielle Kreativitätstechnik, die nach „Ähnlichkeiten“ oder „Gegensätzlichkeiten“ von bestehendem Geschäftsmodell zu einem eventuell neuem Geschäftsmodell, beschrieben in der Musterkarte, frägt (= Ähnlichkeitsprinzip, Konfrontationsprinzip). In der Praxis werden aus Zeitgründen nicht alle 55 Muster durchgearbeitet werden können, sondern es ist hilfreich eine Vorauswahl aus zirka 10 Mustern zu treffen.

Danach wird die Eignung der adaptierten Geschäftsmodelle für die Realisierung bewertet. Dazu müssen die Geschäftsmodell-Ideen einheitlich kurz beschrieben werden und in mehreren Zyklen von der Gruppe bewertet, verbessert oder auch ausgeschlossen werden. Als Bewertungskriterien wird der „Need-Approach-Benefit-Competition“-Ansatz (NABC) vorgeschlagen, der iterativ angewendet werden soll (Gassmann et al. 2013, S. 42):

  • Need: Was ist das zentrale Kundenbedürfnis? Wo liegt unsere Chance?
  • Approach: Wie sieht das Leistungsversprechen aus? Wie liefern wir es?
  • Benefits: Was ist der Nutzen für den Kunden (qualitativ und quantitativ)
  • Competition: Was ist der Wettbewerb? Was gibt es für Alternativen?

Für die Anwendung der Methode wird üblicherweise ein Workshop-Setting mit mindestens 2-3 Tagen (max. 7 Teilnehmende eines Unternehmens) vorgeschlagen. Es wird dazu ein erfahrener Moderator, der bei der Analogiebildung unterstützt und vorbereitende Unterlagen zur Umfeldanalyse (hilfreich ist die Verwendung der Arbeitsvorlagen von St. Galler Business Model Navigator) benötigt (vgl. Wagner, 2014).

Materialien

Von der Universität St. Gallen und dem Business Modell Innovation Lab werden mehrere Workshop-Behelfe angeboten:

Quellen

Gassmann, O.;Frankenberger, K. & Csik, M. (2013). Geschäftsmodelle entwickeln. 55 innovative Konzepte mit dem St. Galler Business Model Navigator. Hanser Verlag.

Wagner, T. (2014). Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle im digitalen Zeitalter -Tools, Methoden und Best Practices aus Forschung und Praxis. Masterarbeit im Studiengang Information Systems der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln.

Methodenprofil

Fazit zur Nutzung in AAL-Projekt-Kontexten

Ähnlich wie der „Business Model Canvas“ (siehe Abschnitt 3.6.1) gehört der „Business Model NavigatorTM“ zu den aktuell bekanntesten Handreichungen für die Entwicklung eines Geschäftsmodells. Wir empfehlen AAL-Projektteams, sich mit beiden Ansätzen zu beschäf­tigen, den möglichen Einsatz im Projekt zu prüfen, und sich gegebenenfalls je nach Präferenz für eine der beiden (durchaus vergleichbaren) Vorgehensweisen zu entscheiden. Es bietet sich an, die Entwicklung eines Geschäftsmodells für eine AAL-Lösung (im Rahmen eines AAL-Projekts) nach einer der beiden Methoden als eigenes Arbeitspaket zu definieren. Zu überlegen ist das Hinzuziehen eines in der Methodik erfahrenen Moderators.


Allgemeine Bewertung

Eignung zur Entwicklung eines Geschäftsmodells
Benötigtes Erfahrungswissen
Zeitlicher Aufwand für die Vorbereitung
Zeitlicher Aufwand für die Durchführung

Spezielle Bewertung

Erarbeitung des Kundennutzens (WAS)
Erarbeitung der Zielgruppe(n) (WER)
Erarbeitung der Prozesse (WIE)
Erarbeitung des Ertragsmodells (WERT)